Honda Gold Wing GL 1800 DCT Airbag – Louis Spezial-Umbau
HONDA GOLD WING GL 1800 DCT
– vor dem Umbau
SIX PACK - Die Verwandlung vom Reisebus zum Drag Racer
Multifunktionaler 7 Zoll TFT-Monitor, Audio-System, Navi, Bluetooth, Sitzheizung, elektrisch einstellbares Federbein, diverse Assistenzsysteme, 7-Gang Doppelkupplungsgetriebe, Rückwärtsgang, Airbag — die Ausstattungsliste von Hondas aktuellem Topmodell der Gold Wing ist schier endlos. Fast 400 Kilogramm Motorrad für sechsunddreißigtausend Euro – luxuriöser und opulenter kann man auf zwei Rädern kaum unterwegs sein.
Wir wollen ja nur Dein Bestes...
Die Louis Schrauber Crew ist begeistert. Doch weniger von der Rundherum-Verwöhnausstattung, sondern von dem hochmodernen Sechszylinder Boxermotor und dem phantastischen Doppelkupplungsgetriebe. Letzteres bedeutet den Wegfall von Kupplungs- und Schalthebel. Das Kuppeln übernimmt das Getriebe komplett selbst, geschaltet wird wahlweise ebenfalls automatisch oder über kleine Schaltwippen am linken Lenkerende. Dabei ist der Schaltautomat nicht mit einem herkömmlichen Wandler-Automatikgetriebe zu vergleichen. Das DCT-System von Honda schaltet im „Feuer-Frei!“-Modus schneller als blitzschnell und ohne jeglichen Schubverlust hoch. Im manuellen Betrieb können allenfalls die Schaltpunkte noch etwas effizienter gesetzt werden.
Der Boxermotor mit satten 1833 Kubikzentimetern wurde zum Modellwechsel 2018 komplett neu konstruiert. Satte 170 Nm stemmt er bei nur 4.500 U min, die Höchstleistung von knapp 130 PS liegt nur eintausend Umdrehungen später an.
...und holen es uns auch
Es kommt also, wie es kommen musste. Die Schrauber Crew besorgt sich den Reisedampfer und entnimmt sich lediglich Motor, Getriebe, Kardanschwinge und unbedingt benötigte Elektronik. Der Rest wird ökologisch wertvoll Unfallmaschinen zur Wiederauferstehung verhelfen. Wie lang so eine Gold Wing tatsächlich ist zeigt sich, als nun der nackte Antriebsstrang auf der Hebebühne liegt. Dieser allein misst fast so viel wie ein komplettes, durchschnittliches Bike.
Auferstehung
Zunächst muss ein neuer Rahmen her, den zum wiederholten Mal Sam Wassermann von UNO aus rohem Stahlrohr fertigt. Dem Riesentrumm von Motor geschuldet verwendet er deutlich kräftigere Rohre als üblich. Es soll später ja nichts wackeln. Dazu kommen eine USD-Gabel und ein Federbein vom Edel-Fahrwerksspezialisten Wilbers sowie ein Satz Kineo-Räder aus Italien. Praktisch „on the fly“ baut Michael Naumann einen neuen Tank aus Aluminium, der direkt im Rahmen hinter dem Motor platziert wird. Denn der Raum unter der ebenfalls aus Alu gefertigten Tankattrappe wird dringend für etwas anderes benötigt.
Das nackte Rolling Chassis steht nun in der Louis-Werkstatt und wartet darauf, dass der Kabelwald (die Assoziation mit „Baum“ wäre hier maßlos untertrieben) in erster Linie um nicht benötigtes Material dezimiert und anschließend völlig neu verlegt wird. Honda konnte beim Bau der komplett verkleideten „Goldie“ natürlich aus dem Vollen schöpfen und für jedes und alles noch ein extra Steuergerät, Relais, Sensor oder sonstwas andocken. Platz hinter der Verschalung ist ja reichlich vorhanden. Doch nun soll ein Naked Bike daraus werden — die Schrauber Crew spielt in Gedanken schon mal Tetris.
Leg Dich nicht mit CAN-Bus an
In Zeiten von CAN-Bus ist das mit dem Weglassen von elektrischen und elektronischen Bauteilen so eine Sache. Ob es nun der Serientacho, ein Blinker, der Sitz- oder Kofferschloss-Sensor ist (ja, so etwas hat die Gold Wing), wird es vom zentralen Steuergerät bemerkt. Dies wird als Fehler registriert, leider nur zu oft mit der Folge, dass das Bike nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr fährt, bis das Bauteil wieder montiert und der Fehlerspeicher mit einem Diagnosegerät gelöscht wird. Es gibt befriedigendere Arbeiten an einem Motorrad. Tatsächlich haben die Crewmitglieder Martin Struckmann und Detlev Stüdemann nach einer gefühlten Unendlichkeit im Reich des Kabelsalats alles wieder zusammenge- und versteckt. Die Tankattrappe ist nun gut gefüllt.
Sechs für Sechs
Jetzt geht es ab nach Italien zur Firma Shark. Die Auspuffspezialisten verpassen der Honda einen komplett neuen Abgastrakt. Doch die Louis Crew hat es ihnen diesmal alles andere als leicht gemacht. Der fürs Design verantwortliche Kay Blanke: „Wenn wir schon einmal einen Sechszylinder Motor in den Fingern haben, dann muss da auch eine 6-in-6-Anlage dran. Und zwar in hübsch, mit konischen und geschwungen verlaufenden Töpfen.“ Als man bei Shark seine Zeichnung erhält ist klar, dass der Terminplan deutlich gestreckt werden muss. Doch das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen.
Unleash the beast
Einlassseitig bekommt der Motor auf seine zentrale Drosselklappe einen K&N-Rundfilter verpasst, Tuning-Papst Ulf Penner übernimmt die Motorabstimmung. In seinem Bremer Domizil ist dann auch erstmalig ein Soundcheck des nun offenen Sechsers möglich. Ulf beschreibt diesen so: „Honda hat im Sechszylinder-Boxer der neuen Gold Wing keinen Stein auf dem anderen gelassen. Und es hat sich gelohnt: Ein extrem geschmeidiger Lauf und eine perfekte Gasannahme. Wenn dieses Aggregat dann noch frei ein- und ausatmen darf, wird auch der Klang zu einem Erlebnis. Einen guten Teil trägt die 6-in-6 Shark Auspuffanlage dazu bei. Sobald du ans Gas gehst, schlägt das gutmütige Brummen des Leerlaufs in ein unbeschreibliches Fauchen um. Der Schub schon aus niedrigsten Drehzahlen ist mindestens genauso beeindruckend. Ich wusste ja schon lange, dass unter dem ganzen Plastik ein Tier steckt.“
Nicht und doch lackiert
Final darf sich Meisterlackierer Danny Schramm vom Schrammwerk um die Farbgebung kümmern. Obwohl Tank und Sitzbank aus Aluminium sind und eigentlich unlackiert aussehen, so ist doch jede Menge Farbe drauf. Nach dem Fillern hat Danny mit der Flex ein wie zufällig wirkendes Scratch Muster in die Oberflächen geschliffen und dann alufarben mit roten Akzenten lackiert. Das Bike ist fertig, der Name Programm: SIX PACK!